• Prunebutt@slrpnk.net
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    1 day ago

    Du findest meine Argumente nicht stichhaltig? Ja wunderbar! Dann erläutere sehr gerne, warum und vielleicht auch, was du stattdessen denkst. So geht diskutieren und dafür sind wir hier.

    Das würd ich ja gerne. Aber ich habe guten Grund, zu denken, dass wir da aneinander vorbeireden werden, da ich davon ausgehe, dass wir unterschiedliche Vorstellungen von Kommunismus und Ideologie haben. Wenn ich darauf angesprochen habe, bist du bisher immer ausgewichen. Ich denke z.B. nicht, dass wir die gleiche Definition von Kommunismus verwenden. Ich weiß, dass wir bei “Antikommunismus” nihht die gleidhe Definition verwenden.

    Danke sehr! Nach allem, was ich auf den wenigen sichtbaren Informationen über die Studie sehe, scheint sie aber nicht als Beleg für deine Aussage dienen zu können.

    Zugegeben: ich habe keine Studie dazugelesen, sondern größtenteils Berichte gehört und gelesen, teilweise durch kulturelle Osmose. Dass die Sghock-Doktrin Russland nicht geholfen hat ist aber schon Konsens, oder?

    Es ist mMn wichtig, anzuerkennen, dass man nicht davon ausgehen kann, dass der Statssozialismus des 20. Jahrhundert nicht wegen einer inhärenten Unfähigkeit der Systeme zerbrochen sind. Selbst, wenn diese Systeme dysfunktional wären, könne man diese Aussage nicht auf historischen fußend treffen, da nunmal jeder realsozialistische Staat extrem unter den Druck der westlichen Mächte gesetzt wurde.

    • Die Studie ist vor dem Zusammenbruch des Realsozialismus durchgeführt, eine Aussage zu der Entwicklung der ehem. realsozialistischen Staaten in den 1990ern ff ist davon nicht abgedeckt.

    Warum glaubst du, dass die Befunde nach dem Fall der eisernen Mauer anders aussehen sollten?

    • Die Studie vergleicht nicht Länder, die einen Wechsel des Wirtschaftssystems erleben, sondern korrekterweise eine Gruppe Länder miteinander zu einem bestimmten Zeitpunkt. Gemessen wird also nicht der zeitliche Verlauf eines Landes unter verschiedenen Wirtschaftssystemen, wie in deiner Aussage impliziert, sondern der direkte Vergleich verschiedener Länder zu einem fixen Zeitpunkt.

    Die Studie zeigt Daten im Bezug auf die ökonomische Entwicklung eines Landes. Der Hinweis auf einen Systemwechsel einzelner Länder ist etwas sachfremd.

    ° Bewertet wird der PQL, also ein Index, der u.a. auf Kindersterblichkeit, Alphabetisierung oder tägl. Kaloriezufuhr pro Kopf basiert und die körperliche Lebensqualität misst.

    Das sind gleidhzeitig handfeste Daten, die für eine gewisse Lebensqualität sprechen. Ich kann mir kein Szenario vorstellen, wo eine gesunkene Kindersterblichkeit nicht mit erhöhter Lebenszufriedenheit einher geht. Höchstens, wenn Kinder direkt von den Eltern getrennt werden.

    or dem Hintergrund, dass bspw. die Bewohner der ehem. DDR in erheblichem Maße “mit den Füßen abgestimmt” haben

    Jetzt möcht ich mal von dir Zahlen haben, wenn du schon mit solchen Begrifflichkeiten um dich wirfst.

    • Quittenbrot@feddit.org
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      11 hours ago

      Ich denke z.B. nicht, dass wir die gleiche Definition von Kommunismus verwenden.

      Das kann sein. Zur Beurteilung der Frage, wie relevant der Kommunismus als Idee heute noch ist, habe ich aber nicht darauf geschaut, wie ich Kommunismus definieren würde, sondern darauf, wer sich heute denn noch für Kommunismus, egal wie er ihn dann definiert, ausspricht und wie stark derjenige ist. Das sind zb Parteien wie die DKP, die MLPD oder die SGP. Das sind alles Kleinparteien, deren Plakate zwar jeder schon mal irgendwo gesehen hat, die aber darüber hinaus überhaupt keine gesellschaftliche Relevanz entwickeln können und seit Ewigkeiten ein Schattendasein fristen. Und zwar in meinen Augen nicht etwa, weil ja alle unter dem Eindruck eines ständigen “Antikommunismus” so zufrieden sind mit dem Wirtschaftssystem. Ich denke im Gegenteil, die Wähler im offenen Protest waren wohl schon lange nicht mehr so zahlreich wie heute, was auch an den spürbaren Schwächen unseres momentanen Systems liegt.

      Dass die Sghock-Doktrin Russland nicht geholfen hat ist aber schon Konsens, oder?

      Absolut. Ich würde da allerdings dennoch unterscheiden, was genau Russland da so geschadet hat. Ich denke, dass es weniger die Wirtschaftsform selber, sondern der Transformationsprozess und die strukturelle Schwächung war. Wir haben in Westeuropa im Kapitalismus nicht die Verwerfungen gesehen, die man bspw. im Russland der 1990er gesehen hat. Da ich nicht denke, dass “der Russe” oder “der Osteuropäer” Dinge einfach nicht so gut kann wie “der Westeuropäer”, bzw man ja auch heute zum Beispiel im Baltikum, Slowenien oder Polen sieht, dass auch bei diesen Ländern wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung geklappt hat, sehe ich das Problem in der Frage, wie die Transformation angegangen wurde. In Russland bspw. herrschten Jahre des Wilden Westens und manche, wie ja auch der Dunstkreis Putins, haben es in kürzester Zeit geschafft, elementare Teile des Vermögens Russlands in die eigenen Hände zu überführen. Wir hatten das in etwas kleiner ja auch mit Westdeutschen, die sich für Spottpreise die Filetstücke der ostdeutschen Wirtschaft geschnappt haben. Das schafft Ungleichgewichte und Fairness-Probleme, die ein Staat durch korrigierende Eingriffe abfedern muss. Ich glaube, in Russland haben die Strukturen des Staates für so ein Regulativ nicht gut genug funktioniert - oder es gab gar kein Interesse.

      Es ist mMn wichtig, anzuerkennen, dass man nicht davon ausgehen kann, dass der Statssozialismus des 20. Jahrhundert nicht wegen einer inhärenten Unfähigkeit der Systeme zerbrochen sind.

      Nein. Allenfalls lag es an der “Unfähigkeit”, sich im harten Wettbewerb der Systeme zu behaupten beziehungsweise die eigenen Leute von sich zu überzeugen.

      Warum glaubst du, dass die Befunde nach dem Fall der eisernen Mauer anders aussehen sollten?

      Ich kann nicht sagen, ob es nach dem Fall des eisernen Vorhangs anders aussah. Jedoch gipfelten in den späten 80ern die ökonomischen Probleme der realsozialistischen Staaten in den bekannten Zusammenbrüchen, die Schere zwischen West und Ost ging in dieser Dekade noch einmal erheblich weiter auf, insofern könnte ich mir schon vorstellen, dass das bei einer Betrachtung in den 90ern Spuren hinterlassen haben könnte. Aber das ist Spekulation, Kernproblem ist für mich, dass sich in dieser Studie kein Vergleich eines Landes unter verschiedenen Wirtschaftssystemen findet.

      Die Studie zeigt Daten im Bezug auf die ökonomische Entwicklung eines Landes. Der Hinweis auf einen Systemwechsel einzelner Länder ist etwas sachfremd.

      So ein Systemwechsel müsste jedoch erfasst sein, um deine Aussage, dass “die Lebenszufriedenheit im Realsozialismus durch die Bank höher war als nachdem diese Staaten kapitalistischer Schockdoktrin unterzogen wurden”. Dazu müssten diese Staaten nämlich einmal im Realsozialismus und einmal im Kapitalismus verglichen worden sein.

      Ich kann mir kein Szenario vorstellen, wo eine gesunkene Kindersterblichkeit nicht mit erhöhter Lebenszufriedenheit einher geht. Höchstens, wenn Kinder direkt von den Eltern getrennt werden

      Richtig. Aber wie mein Gefängnis-Beispiel anhand der anderen Werte der PQL zeigt: du kannst durchaus die Bedürfnisse deiner körperlichen Lebensqualität gestillt bekommen und trotzdem in deiner Lebenszufriedenheit, über die wir ja sprachen, stark eingeschränkt sein.

      Jetzt möcht ich mal von dir Zahlen haben, wenn du schon mit solchen Begrifflichkeiten um dich wirfst.

      Der weitaus größte Teil der Flucht aus der DDR fand natürlich vor dem Mauerbau statt und es gibt klare Anzeichen, dass bereits in den frühen 50ern die Flucht als Problem erkannt wurde. So mussten ab 1951 die Ausweise abgegeben werden, wenn man in den Westen übersiedeln wollte. Ab 1952 wurde die innerdeutsche Grenze (also nicht die zwischen Ost- und West-Berlin) abgeriegelt, ein Übersiedeln war dennoch über Berlin möglich. Eine Quelle (Wolfgang Mayer, u.a. Flucht und Ausreise. Botschaftsbesetzungen als wirksame Form des Widerstands und Mittel gegen die politische Verfolgung in der DDR, 2. Auflage, Berlin 2002.) spricht von ca. 3,8 Mio. Menschen, die die DDR zwischen 1949 und 1990 verlassen haben. Ähnliche Zahlen finden sich hier, wo von ca. 2,7 Mio. in Notaufnahmelagern registrierten Flüchtlingen vor 1961 gesprochen wird und bis zu eine weitere Million als nichtregistrierte Dunkelziffer angenommen wird. Für den Zeitraum von 1949 bis 1990 wird auch hier von nahezu 4 Mio. Menschen ausgegangen.

      Nicht zuletzt der Mauerbau und die Tatsache, dass diese Mauer bis zuletzt primär für die Bürger der DDR selbst undurchlässig blieb, während Touristen und Reisende aus dem Westen sie relativ leicht überwinden konnten, zeigen auch indirekt die Bedeutung der Flucht für die DDR-Führung.